Arbeitsrichter meint, die Urteile des Bundesfinanzhofs haben für das Arbeitsgericht keine Bedeutung

Das Arbeitsgericht würde es gar nicht merken, wenn es Steuerhinterziehung legalisiert

Mönchengladbach, 20. Mai 2011. Die Kunst der Vereinsführung ist, die Vereinsmitglieder dafür zu begeistern, freiwillig im Verein mitzuhelfen. Problematisch wird es aber, wenn der Vorstand die Vereinsmitglieder so sehr verärgert, dass niemand mehr freiwillig mithelfen will.

Die Kirmestage in Mönchengladbach-Lürrip sind für den Kleingärtnerverein Pilatus Kall e.V. eine gute Gelegenheit, die Kasse aufzufüllen, weil das Festzelt des Schützenvereins und die Gaststätte des Kleingärtnervereins an den Kirmestagen nahe beieinander liegen. In Vergangenheit hatten sich im Kleingärtnerverein genügend Vereinsmitglieder zusammengefunden, die zur Kirmes in der Gaststätte mithalfen. Das war die Elite des Vereins. Doch dann war der neue Vorstand bei der Vereinsführung so ungeschickt, dass er die Leute vergraulte. Es fehlten Leute, die an den Kirmestagen in der Gaststätte mithelfen wollten. Der Vorstand kam auf die Idee, alle Kleingärtner zur Arbeit in der Gaststätte zu verpflichten, und wer nicht mitarbeiten wollte, sollte 40 Euro Strafgeld bezahlen. Das wurde in den Schaukästen auf dem Gelände des Kleingärtnervereins öffentlich bekannt gegeben. Nach der Satzung sind die Vereinsmitglieder verpflichtet, die öffentlichen Bekanntmachungen zu beachten.

Ein Kleingärtner hatte mitgeholfen und meinte, wenn er durch die Androhung von Strafgeld zur Arbeit gezwungen worden war, war es nicht mehr ein freiwilliger Helfer sondern ein Arbeitnehmer. Darum verklagte er den Kleingärtnerverein vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach, ihm für vier Stunden Arbeit in der Gaststätte einen Arbeitslohn in Höhe von 40,00 Euro zu zahlen. Als Begrünung seiner Klage gab er an, die Mitglieder des Kleingärtnervereins sind nur dazu verpflichtet, die Wege und Plätze in der Kleingartenanlage zu pflegen. Die Mitglieder des Kleingärtnervereins könnten zwar auch zur Mitarbeit in einem Zweckbetrieb verpflichtet werden, wenn der Zweckbetrieb unmittelbar die gemeinnützigen Satzungszwecke verwirklicht. Bei der Gaststätte handelt es sich aber nicht um einen Zweckbetrieb, auch wenn die Einnahmen dem gemeinnützigen Kleingärtnerverein zukommen. Die Kleingärtner sind also nicht zur Mitarbeit in der Gaststätte verpflichtet, sie können aber freiwillig und unentgeltlich in der Gaststätte mithelfen, ähnlich wie bei gelegentlichen Gefälligkeiten unter Freunden und Bekannten. Aber weil der Vereinsvorstand zu wenig freiwillige Helfer hatte, musste er Arbeitskräfte einstellen und bezahlen.

Am Ende hat sich der Kleingärtnerverein so aus der Affäre gezogen, indem der Rechtsanwalt des Kleingärtnervereins behauptete, der Kleingärtner könne nicht an Hand von Schriftstücken beweisen, dass er persönlich vom Vorstand zur Mitarbeit verpflichtet worden war. Na sowas!

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hielt sich für nicht zuständig und verwies den Rechtsstreit an das Amtsgericht Mönchengladbach (AZ: 1 Ca 928/11). Worüber dort gestritten werden sollte, wurde dem Kleingärtner aber nicht mitgeteilt.

In der mündlichen Verhandlung machte der Kleingärtner geltend, dass nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs, also des obersten Gerichts in Steuer- und Zollsachen, die Vereinsmitglieder von gemeinnützigen Vereinen nur zu gemeinnützigen Tätigkeiten verpflichtet sind. Das Arbeitsgericht könne die Kneipe des Kleingärtnervereins nicht gleichsetzen mit den Bahnhofsmissionen der Evangelischen und der Katholischen Kirche. Arbeitsrichter Mostardt meinte aber, die Urteile des Bundesfinanzhofs interessieren ihn nicht. Das Arbeitsgericht würde es also gar nicht merken, wenn es Steuerhinterziehung legalisiert.

Autor: Wilhelm Klumbies, D-41065 Mönchengladbach